20.01.2009
15:46
«Stolperstein» zu Ehren von Albert Richter
Köln (rad-net) - Ab
sofort erinnert ein «Stolperstein» in der
Sömmeringstrasse 70 in Köln-Ehrenfeld an
Radweltmeister Albert Richter. Der Künstler Günther
Demnig hat den Gedenkstein am Wochenende begleitet
von zahlreichen Besuchern und Mitgliedern der Kölner
Radsportvereine verlegt. Albert Richter war Anfang
1940 Opfer der Gestapo geworden, die damit die
Ausreise des regimefeindlichen Sportlers in die
Schweiz verhinderte.
Albert Richter wurde als jüngster Sohn einer
Arbeiterfamilie 1912 in Köln-Ehrenfeld geboren. Mit
knapp 20 Jahren wurde er überraschend in Rom
Amateur-Weltmeister im Bahnsprint. Anschließend
wechselte er zu den Profis, was ihm dazu verhalf, in
einer wirtschaftlich schlechten Zeit
überdurchschnittlich gut zu verdienen und damit auch
seine Familie mit Eltern und zwei Brüdern finanziell
zu unterstützen. Nach seinem Titelgewinn und bis zu
seinem Tod war Richter der herausragende
Sprinter-Star Deutschlands. Dem WM-Titel folgten
allerdings nur noch Vize-Weltmeisterschaften.
Herausragender Sprinter der 30er Jahre war der
Belgier Jef Scherens, der allerdings auch Richters
bester Freund war.
Richter stand den nationalsozialistischen
Machthabern kritisch gegenüber. So verweigerte er
mitunter den Hitlergruß sowie das Tragen eines
Trikots mit Hakenkreuz. Er bezeichnete die Nazis als
Verbrecherbande. Außerdem hielt er entgegen
damaligen Bestimmungen an seinem jüdischen Manager
Ernst Berliner fest. In der Folge hatte die Gestapo
begonnen, Druck auf seine in Köln lebenden Eltern
auszuüben. Richter sollte nach Kriegsbeginn für
Deutschland im Ausland spionieren. Dies veranlasste
den Rennfahrer Ende 1939, Deutschland für immer
Richtung Schweiz zu verlassen. Bei dieser letzten
Reise wollte er zusätzlich für einen anderen
jüdischen Freund rund 13.000 Reichsmark mitnehmen,
die dieser ihm anvertraut hatte.
Am
Grenzübergang Weil am Rhein wurde das Geld jedoch
gefunden und Richter inhaftiert. Grund dafür war
wahrscheinlich Verrat. Am 3. Januar 1940 wurde
Richter tot in seiner Zelle im Gefängnis von Lörrach
aufgefunden. Die offizielle Version lautete
Selbstmord. Es gibt jedoch Zeugen, die von
Blutspuren sowie Einschusslöchern am Leichnam
berichten. Der Familie wurde zudem verboten, den
Sarg Richters noch einmal zu öffnen, was ebenfalls
dafür sprach, dass Richter in Lörrach ermordet
wurde.
Die
regimetrue Verbandszeitung schrieb nach seinem Tode:
„Sein Namen bleibt für alle Zeiten in unseren Reihen
gelöscht.“ Diese Drohung blieb lange Zeit Realität,
bis die Hamburger Filmemacher Raimund Weber und
Tilmann Scholl sich Ende der 80er Jahre auf die
Spuren von Richter begaben. Inzwischen wurden die
Radrennbahn in Köln sowie ein Nachwuchswettbewerb
des Bundes Deutscher Radfahrer nach Albert Richter
benannt und unter dem Titel «Der vergessene
Weltmeister» ein Buch über ihn geschrieben. Im
vergangenen Jahr wurde Albert Richter außerdem in
die «Hall of Fame des deutschen Sports» aufgenommen.
Albert Richter, so die Frankfurter Allgemeine
Zeitung, war ein Sportler, der «durch seine
kompromisslose Art und seine Zivilcourage an einer
verbrecherischen Zeit zugrunde ging». Daran erinnert
jetzt ein «Stolperstein» in der Sömmeringstrasse 70.
Das Haus mit der Nummer 72, in dem Richter aufwuchs,
steht heute nicht mehr. |